| | | | Dichtung in vier Akten Op. 12a (1917)
Vergl. Op. 12b wernhart
Personen
Wernhart Hedwig, seine Frau Elfried, ihre Tochter Wilhelm, Elfrieds Freier Hellmut Aglaia Jephumes Ralph Eine Stumme Madame Fleury, Modistin Eine Nachbarin Ein Richter Ein Bauer Ein Trödler Ein Geck Ein Schmarotzer Ein Frischgeadelter Eine böse Zunge Ein Soldat Peter, ein Knecht Eine Wirtin
| | | | | | Schauplatz: | | 1. und 2. Akt: Wernharts Gutshof; 3. Akt: Festsaal in Wernharts Schloss; 4. Akt: Vor einem Nonnenkloster | Zeit: | | Anfang des 19. Jahrhunderts |
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Erster Akt
- Elfried und Wilhelm lieben sich, aber Elfrieds Vater Wernhart ist gegen deren Ehe, da Wilhelm mittellos ist.
- Wernhart selbst hat Schulden. Ein Trödler schafft, was noch Wert hat, aus Wernharts Gutshaus.
- Elfried bittet Hellmut, einen Freund des Vaters, für Wilhelm um sie zu freien. Hellmut versucht mit Wein und Gesang, Wernhart aufzuheitern. Scheinbar wirbt er um Elfried, um dann Wilhelm zum Zuge kommen zu lassen, aber Wernhart bleibt hart.
- Hedwig, Wernharts Frau, nimmt eine Stumme, die sich ihren Lebensunterhalt durch Sticken verdient, gegen Kost und Logis als Dienerin in ihrem Haus auf. Hellmut lädt Wernhart und Hedwig auf den Abend zum Tanz bei der Linde ein und verabschiedet sich.
- Unbemerkt hat Jephumes die vorigen Situationen belauscht. Scheinbar aus Mitgefühl macht er Wernhart darauf aufmerksam, dass Wernharts Oheim, der neben dem Haus in einer Gruft liegt, sein Geld mit in den Sarg genommen hat. Wernhart versteht den Hinweis, doch Grabesruhe ist ihm heilig. Er erwidert Jephumes, er sei kein Leichenräuber, auch wenn er Hungers sterben müsse.
- Hedwig gibt ihm recht. Wernhart bittet Hedwig, Elfried aufzuheitern, er sei entschlossen, mitsamt der Familie zum abendlichen Tanz zu gehen.
- Wernhart erinnert sich an den Satz: »Für ein gutes Werk darf Böses gescheh'n.« Elfried zuliebe, die dann den Wilhelm heiraten darf, will er den Schatz bergen, so wie aus Römergräbern Schätze gehoben werden, ohne dass dies jemand Leichenraub nennen würde. Er redet sich ein, dass er den Toten sogar von seinem Krampf lösen kann, indem er ihn von irdischem Besitztum befreit.
- Unter einem Vorwand schickt Wernhart Frau und Tochter allein zum Fest.
- Den Knecht schickt er fort, dann macht er sich – verkleidet – ans Werk, die Grabkammer zu öffnen. Sie liegt direkt neben seinem Lebensbaum, einer Linde, von der ihm ein Wurzelweib geweissagt hat, solange dieser Baum treibe, solange treibe auch er. Wernhart öffnet den Sarg und holt die Goldsäcke heraus, die mit Stricken an die Leiche gebunden sind. Ralph, der gehört hat, dass Wilhelm als Freier um Elfried nicht zum Zuge kam, will nun selbst um Elfried werben. Er hört Geräusche in der Gruft und stellt den verkleideten Wernhart zur Rede. Doch der sticht Ralph nieder und verscharrt dessen Leiche, schließt die Gruft und schaufelt Erde darüber. Auf einem der Goldsäcke liest er die Inschrift: »Wer mich raubt, beraubt sich selbst.« Wernhart bemerkt, dass die Stumme ihn beobachtet hat, und erpresst ihren Schwur, nichts zu verraten. Wilhelm, der Elfried in ihrem Zimmer glaubt, will die Geliebte zur Flucht überreden.
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Zweiter Akt
- Drei Wochen später gibt sich Wernhart als Alleinerbe eines reichen, in Indien verstorbenen Vetters aus. Er schickt den Knecht zu Wilhelm, der nun Elfried heiraten darf. Zunächst sollen sich Frau und Tochter neu einkleiden. Eine Pariser Modistin, der er in der Stadt begegnet ist, hat er herbestellt.
- Madame Fleury, die Modistin, trifft mit einem Wagen ein. Sie stellt sich als ehemaliges Mitglied des Corps de Ballet der Pariser Oper vor. Hedwig begegnet ihr mit Widerwillen, und die Modistin hat für die Ehefrau nur Spott übrig. Elfried wählt einen Hut und einen Mantel aus. Madame Fleury entdeckt die Stumme, betrachtet deren Arbeit und bezeichnet die Dienerin als Philomele. Als Wernhart seiner Frau erklären soll, was es mit der sagenhaften Philomele auf sich hat, verrät er sich beinahe.
- Nachdem Madame Fleury wieder abgefahren ist, macht Wernhart Hedwig Vorwürfe, wie sie sich der Fremden gegenüber benommen habe. Hedwig entschuldigt dies mit dem Ärger über das Gerücht, nach dem der verschollene Ralph sich aus Liebeskummer getötet hat, weil Elfried sein Werben abgewiesen habe. Jetzt gebe man indirekt Elfried die Schuld. Als Wilhelm kommt, lassen die Eltern ihn mit Elfried allein.
- Elfried berichtet Wilhelm von der glücklichen Wendung, die einem allegorischen Traum entspricht, den Wilhelm geträumt hat. Aber Wilhelm will nicht, dass sein Glück in der Hand Wernharts liegt. Er will sich durch eigenen Fleiß Wohlstand erarbeiten und dann um Elfrieds Hand bitten. Dem Wunsch ihres Vaters gemäß, bittet Elfried Wilhelm, nicht wegzugehen, sondern Wemhart bei der Arbeit zu helfen. Hedwig ruft Elfried und Wilhelm ins Haus.
- Jephumes schmeichelt Wernhart und lobt überschwenglich dessen Standhaftigkeit, nicht seinem Rat nachgegeben und der Gruft die Geldsäcke entwendet zu haben. Wernhart will sich mit Jephumes über die Zukunft beraten, seine Pläne, ans Meer zu ziehen und Schiffshandel zu treiben, besprechen. Jephumes verweist darauf, dass der Mann im Gegensatz zur Frau die Jugend zweimal erleben könne, und lenkt Wemharts Aufmerksamkeit auf den Gesang der jungen Witwe Aglaia, die gerade vorbeirudert. Als Aglaia daraufhin mit ihrem Boot ins Schilf gerät, eilt Wernhart, um sie zu retten.
- Aglaia schenkt ihrem Retter einen Opalring, der von ihrem Leid Kunde gebe. Ihn soll Wernhart bei sich tragen, aber niemandem zeigen. Sie selbst will in ein fernes Land gehen.
- Jephumes merkt, dass Wernhart Feuer gefangen hat, und zeigt ihm den Grundriss eines Schlosses am Meer, in dem für Hedwig nur eine Kammer vorgesehen ist. Hedwig kommt hinzu und vermag nicht einzusehen, aus welchem Grund Wernhart fortziehen will.
- Wernhart will den Hof verkaufen, aber Hedwig wehrt sich dagegen, da er ihr Erbe ist: sie will hier, auf dem Hof ihrer Eltern bleiben und Wernharts Lebensbaum schützen. Die Stumme dagegen möge mit Wernhart reisen und ihm ein Bild für die Wände des Schlosses sticken. Nach Hedwigs Willen soll auch Elfried dem Vater folgen, um als Schutzgeist in seiner Nähe zu sein.
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Dritter Akt
- Wernhart wohnt ein halbes Jahr später in einem Palast am Meer. Er hat Hedwig verstoßen, seine neue Liebe heißt Aglaia, sein Berater ist Jephumes. Der fordert ihn auf, anstelle Wilhelms einen feineren Schwiegersohn zu wählen, der zu der adligen Gesellschaft passt, die in Wernharts Palast verkehrt. Da Wernhart zu Wilhelm steht, weckt Jephumes in Wernhart die Eifersucht: Aglaia habe sich beklagt, dass Wilhelm ihr mit Blicken nachstelle.
- Violine spielend kommt Aglaia herein. Sie gibt vor, sich von Wernhart trennen zu müssen, da er sie nicht ehelichen will. Wernhart beschwört sie, dass es hierzu erst noch nötig sei, Gesetze zu beugen. Er vertröstet sie auf den nächsten Tag, da heute sein Geburtstag ist. Sie aber will von ihm wenigstens eine kurze schriftliche Bestätigung. Als die Stumme mit dem Stickrahmen vorbeikommt, will Wernhart ihr Werk sehen, was sie aber nicht zulässt.
- Elfried und Wilhelm danken dem Vater, dass die Zeit der Prüfung endlich vorbei und für den nächsten Tag die Hochzeit angesetzt ist. Wernhart weicht aus. Da er auf etliche Tage verreise, müsse die Hochzeit nochmals aufgeschoben werden.
- Elfried würde gern mit Wilhelm fortgehen, aber sie hat der Mutter versprochen, als treuer Schutzgeist an der Seite ihres Vaters zu bleiben. Wilhelm erwidert, dass der Schwur Elfried nicht auf immer binde, und er versucht sie zu überreden, mit ihm ein neues Leben zu beginnen.
- Hellmut kommt aus dem Krieg auf Heimurlaub und verhöhnt Wilhelm, dass er sich in Wernharts Palast eingenistet habe, während er, Hellmut, für das Vaterland gekämpft hat. Im Befehlston erheischt er Liebe von Grete, seiner Verlobten. Wenn er eine Woche später wieder ins Feld zieht, soll Wilhelm ihm folgen.
- Hellmut beschimpft Wernhart als einen zweiten Midas, dem alles zu Gold wurde, so dass er zuletzt nicht mehr essen und trinken konnte. Mit Elfrieds Hilfe stimmt Hellmut das Lied vom dicken fetten Pfannekuchen an, doch Wernhart will nicht mitsingen. Hellmut kommentiert, dass Reichtum und Heiterkeit einander ausschließen. Hellmut richtet Jephumes Grüße von dessen Tochter, einer Kreuzotter, aus. Jephumes, der sich durchschaut fühlt, warnt ihn vor dieser Gattung von Schlangen. Als Aglaia hereinkommt, begrüßt Hellmut sie als »neue« Mutter Hedwig. Wernhart stellt Hellmut Aglaia als Witzbold und Tagedieb vor. Der aber beruft sich auf seinen Mut und Glauben: er hat sich im Krieg ein Ehrenzeichen erworben, das man mit Geld nicht erlangen könne. Da das Fest beginnen soll, zu dem auch der Fürst des Landes erwartet wird, fordert Wernhart Hellmut auf, zu gehen. Wernhart lässt der Stummen durch Elfried eine Schüssel bringen, deren Inhalt er vergiftet hat. Ein Brief des Fürsten meldet, dass der Herrscher doch nicht zur Geburtstagsfeier kommen wird. Matrosen überreichen Wernhart ein Schiffsmodell, der Bürgermeister die goldene Ehrenbürgermedailie samt Urkunde, ein Männergesangverein, Kinder und Italiener bringen künstlerische Darbietungen. Ein Geck, ein Frischgeadelter und ein Schmarotzer kommentieren die Einladung. Elfried berichtet, dass Tauben und Finken aus der Speiseschüssel der Stummen genascht haben und vergiftet zu Boden gefallen sind. Wernhart beruhigt die Gäste, und Jephumes lässt die Tanzmusik spielen. Doch Jephumes unterbricht die Tanzenden mit einer dringenden Anfrage: Ein Dorf sei niedergebrannt; die Herrin eines in der Nähe liegenden Gutes überlege, ob sie – um die Not zu lindern, ein bei ihrem Gutshof liegendes Grab öffnen und das darin liegende Gold entnehmen dürfe. Die Gesellschaft stimmt zu, die Frau sei dazu berechtigt. Jephumes erklärt, über diese Zustimmung werde die Frau froh sein, denn sie hätte das Grab bereits geöffnet und kein Gold, aber eine zweite Leiche gefunden. Diese hätte man als den vermissten Ralph identifiziert, den eine Magd am Abend vor seinem Tod zu Wernharts Haus habe schleichen sehen. Wilhelm wird verdächtigt. Die Gesellschaft ist peinlich berührt über diese Geschichte. Eine Komtesse will einen Maskenball zugunsten der Opfer des Dorfes abhalten.
- Gerichtsdiener führen Wilhelm ab. Nach und nach brechen auch die Gäste auf. Nur der Schmarotzer zecht bis zuletzt und bittet Wernhart um einen größeren Betrag, den er nötig braucht, um Kartenspiel-Schulden zu decken, Wernhart verspricht ihm Hilfe. Jephumes teilt Wernhart mit, dass eine vornehme Dame im Weggehen die an ihn ausgesprochene Einladung zurückgezogen habe und dass eines seiner Schiffe ein Leck habe; der Name des Schiffes sei »Wernhart«, und die das Schiff verlassenden Ratten – stehen für Jephumes, der Wernhart mit seinen Problemen allein lässt. Da die alte Margret Berg, eine ehemalige Magd Wernharts, ihn beschuldigt, wird auch er vor Gericht zitiert.
- Die Stumme betrachtet ihre Stickerei und will sie an der Wand befestigen, aber als Hedwig eintritt, verhüllt sie ihr Werk. Hedwig fragt die Stumme nach Wernhart, Elfried und Aglaia.
- Freigesprochen von der Anklage kehrt Wernhart aus der Gerichtsverhandlung zurück. Allein mit sich, bedenkt er seine Wohltaten. Hedwig spricht ihn an: sie ist nicht gekommen, um sein Glück zu stören, sie will nur einen Rat, denn Wernharts Linde, sein Lebensbaum, kränkelt seit einigen Wochen: der den Sarg erbrochen und Ralph ermordet hat, der muss wohl auch die Wurzel der Linde verletzt haben. Wernhart erwidert Hedwig, der Linde sei nicht zu helfen, man solle sie nur fällen, dann gäbe es wenigstens Brennholz. Traurig geht Hedwig ab.
- Durch Arznei sucht Wernhart Schlaf zu finden und dem Spruch: »Wer mich beraubt, beraubt sich selbst«, zu trotzen. Im Traum sieht Wernhart, wie ihn eine Volksmenge aus dem Kerker holt, Hexen ihn umtanzen und zum Hochgericht schleppen. Drei Galgen sind aufgerichtet, an zwei baumeln schon Verbrecher, der dritte ist frei für ihn. Er ist von Teufeln umringt und soll eben unter wildem Johlen der Zuschauer erhängt werden – da erwacht er mit einem wilden Schrei. Die Stumme hält ihm ihre Stickerei entgegen. Er erkennt darauf jede einzelne Station seiner Missetaten. Doch er entreisst ihr die Decke, schneidet sie in Stücke und wirft sie ins Feuer. Mit dem Ruf »Philomele!« will er die Stumme erwürgen, aber Elfried hindert ihn daran.
- Elfrieds Schrei hat Aglaia herbeigerufen. Sie schickt nach dem Priester, der sie vor Wernharts Tod schnell noch mit ihm trauen soll.
- Wilhelm, der trotz seines Eides als Mörder Ralphs zum Tode verurteilt wurde, kommt, von Gendarmen geleitet, um Wernhart noch einmal ins Auge zu sehen. Aber Wernhart weicht seinem Blick aus.
- Der Priester traut Aglaia und Wernhart. Wernhart weigert sich jedoch, die Beichte abzulegen und die Kommunion zu empfangen. Da Aglaia erreicht hat, was sie wollte, geht sie ab. Elfried redet ihrem Vater nochmals ins Gewissen. Der Sterbende sagt mühsam, vielleicht habe Wilhelm es doch nicht getan.
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Vierter Akt
- In einer Schenke neben einem Kloster erzählt Hellmut von der pompösen Leichenfeier für Wernhart. Am selben Tag sei auch die Stumme, die sich offenbar aus Schmerz über Wernharts Tod erdrosselt habe, begraben worden. Elfried sei in ein Kloster eingetreten, doch würde sie jeden Abend am Grab ihres Vaters beten und weinen. Offenbar wisse sie noch nicht, dass Wilhelm doch noch freigesprochen worden sei, nachdem es kurz vor seiner Hinrichtung plötzlich einen Wolkenbruch gegeben habe, der als Gottesurteil (»Gott weint mit dem Unschuldigen!«) gewertet worden sei. Die Wirtin fügt hinzu, Wilhelm müsse aber zum Zeichen seiner Verurteilung durch Menschenrecht immer eine rote Schnur um den Hals tragen. Wilhelm, der dieser Szene unerkannt beigewohnt hat, gibt sich zu erkennen und widerspricht dieser Verleumdung. Da Elfried naht, bittet er die anderen, ihn mit ihr allein zu lassen.
- Elfried will Wilhelm nicht mehr kennen. Sie hat Ihre Liebe als Opfer dargebracht, um die Schuld des Vaters zu sühnen. Da Wilhelm sie warnt, den Vater nicht ungerecht zu beschuldigen, enthüllt sie ihm, was sie in Wernharts Todesstunde erlebt hat. Wilhelm kann nicht verstehen, warum EIfried dann ihr Leben für diesen Verbrecher aufopfern will. Sie jedoch will das Böse nicht fortpflanzen. Wilhelm soll Hedwig melden, was aus Elfried geworden ist, und er soll Hellmut, wie versprochen, in den Krieg folgen. Wilhelm gemahnt sie an ihren Liebesschwur, doch sie besteht auf ihrem Opfer, mit dem sie das Liebste aufgibt, um des Vaters Seele von Qual zu befreien. Während Elfried unter Orgelklängen von Nonnen ins Kloster geleitet wird, fordert Hellmut Wilhelm auf, den Trompetensignalen Folge zu leisten.
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