clearpixel

Ihr Weg hierher: / Siegfried Wagner / Musikdramatische Werke / Opernführer / Wahnopfer / Handlung

Traduire français

 

Translate English

 

Siegfried Wagner: Opernführer

Internationale Siegfried Wagner Gesellschaft e.V., Bayreuth

 

Wahnopfer
In drei Akten (unvollendet)
Op. 16 (1928)

Uraufführung des Fragments:
Schloß Heidecksburg, Rudolstadt
10. Juni 1994



Personen

Die Gräfin Godeswintha

 

Mezzosopran

Dr. Sigisar Agapanthus

 

Bass-Buffo

Ingunthis, Herminberga, Schwestern

 

Sopran

Eulalia

 

Alt

Gunthimar,
 Bräutigam der Herminberga

 

Tenor

Argimund, der Baumeister

 

Bariton

Athaulf, der Vetter Gunthimars

 

Bass-Bariton

Eriulf, ein Jüngling

 

Tenor

Gesalich

 

Bariton

Präfekt

 

Bariton

Ein Knecht

 

Tenor

Ein Wilddieb

 

Bariton

Der Kleine, getauft Wildigern

 

stumm

 

 

 

Ort und Zeit:

 

Westgotisches Reich, Ende des 4. Jahrhunderts

 


Erster Akt

  1. Gesalich und sechs weitere verlarvte Männer schwören unter einer in ihrer Mitte aufgehängten Rose, den Baumeister Argimund, der den Meister Gesalich verdrängt hat, zu vernichten. Bereits zweimal wurde das von Argimund erbaute Stadttor von den Verschwörern zum Einsturz gebracht, so dass Argimund des Hochverrats bezichtigt wurde. Da er inzwischen aber offenbar erfahren hat, wodurch das Tor wiederholt eingestürzt ist, wird er sich diesmal schützen. Also helfe nur eine List: Argimund soll mit dem Vorwurf belastet werden, er habe ein neugeborenes Kind – als Opfer für die Götter – im Gestein eingemauert. Das Los entscheidet, dass Gesalich selbst eine Frau betören muss, ihr Kind hierfür herzugeben. Eriulf bietet sich Gesalich als Helfer zu die8em Plan an. Unbemerkt von den anderen, beteiligt sich Eriulf nicht am Satansschwur. Er ist entschlossen, Argimund zu retten.
  2. Herminberga, das Mündel des Doktors Agapanthus, dem das Volk den Titel Wunderdoktor verliehen hat, liebt den adligen Gunthimar. Er will sie heiraten, und auch seine Mutter ist einverstanden, aber Herminberga hat Angst vor Gunthimars Vetter Athaulf. Auch fürchtet sie, durch die Heirat von ihrer Familie getrennt zu werden. Ihrer Schwester Ingunthis, die von den Männern umschwärmt wird, hat sie geraten, endlich den jungen Eriulf zu erhören – schon damit das Geschwätz über sie endlich verstummt. Gunthimar gelobt Herminberga, dass nichts sie von den Ihren trennen wird.
  3. Ingunthis hat vor der Haustür einen ausgesetzten Säugling gefunden, ihn auf den Namen Wildigern taufen lassen und das Kleine voller Freude heimgetragen. Die Gräfin tritt ein, um Gunthimar und Herminberga aufzufordern, das Hochzeitsfest im Schloss vorzubereiten. Verwundert über den Säugling stimmt sie ein Gebet an, dass er heranwachse und ein Kämpfer für das Land werde.
  4. Während Ingunthis das Kleine wickelt und ihm die Flasche gibt, wirbt Eriulf erneut um Ingunthis: Argimund, den sie liebt, dürfe sie ja nicht heiraten, denn den binde ein Gelübde, das er am Totenbett seiner Mutter geleistet habe. Ingunthis bekräftigt, dass sich ihr Gefühl für Argimund dennoch nicht wandeln werde.
  5. Eulalia kommt, um Doktor Agapanthus aufzusuchen, aber Ingunthis erklärt ihr, der Doktor forsche und habe keine Zeit. Eulalia benimmt sich so, als habe sie Ingunthis mit Eriulf überrascht, und als sie gar das Kind sieht, hat sie wieder genügend Stoff zum Lästern in der Stadt.
  6. Vom Fenster aus beobachtet Ingunthis, wie Knechte einem offenbar vom Pferd Gestürzten ins Haus helfen: Sie tragen Graf Athaulf herein. Athaulf stellt sich nur ohnmächtig, um Ingunthis gesellschaftlich zu diskreditieren und so die Hochzeit seines Vetters mit Herminberga zu hintertreiben. Er gibt vor, aus seiner Ohnmacht zu erwachen, spricht von der Leidenschaft, die Ingunthis in ihm entfacht hat, schenkt ihr Schmuck und will sie auf der Stelle besitzen. Ingunthis wehrt sich.
  7. Eulalia kehrt zurück und fragt erneut nach Doktor Agapanthus. Wieder gibt sie vor, Ingunthis in einer intimen Situation zu stören. Ingunthis stellt Graf Athaulf und Eulalia, die sie »Muhme Süßblick« nennt, einander vor, dann weist sie Athaulf die Tür und ruft ihren Oheim. Eulalia befürchtet, Ingunthis habe Athaulf, auf den sie es doch selbst abgesehen hat, behext.
  8. Eulalia enthüllt Agapanthus ihr Vorhaben: Die Zeit schreie nach einem Helden. Die Weise von Valencia habe ihr geweissagt, sie würde die Mutter des rettenden Helden, und nun habe sie Athaulf zum Vater ausersehen. Der Doktor, der schon die von Eulalia geschilderte Zeitstimmung ironisiert hat, ohne dass Eulalia dies wahrnimmt und der sie auch auf das für ihre Pläne bereits zu weit vorgerückte Alter hingewiesen hat, gibt ihr Kosmetika gegen Krähenfüße und Mundgeruch, aber auch ein Aphrodisiakum, das sie Athaulf in den Wein oder in die Suppe schütten könne. Er empfiehlt ihr auch Krötenmuskeln und gekochten Salamander als altüberlieferte Mittel, die allerdings keinen Einfluss darauf hätten, ob das Kind nicht womöglich ein Mädchen werde. Eulalia ist überzeugt davon, dass sie einen Knaben gebären wird und schenkt Agapanthus zum Dank für seine Hilfe ihr Bildnis.
  9. Verkleidet dringt Gesalich bei Ingunthis ein und erzählt ihr, dass einer Weissagung zufolge Dämonen die Schuld daran tragen, dass das Stadttor bereits zweimal eingestürzt ist. Die erzürnten Götter seien nur zu besänftigen, wenn ein Kind lebend ins Gemäuer versenkt würde. Dabei sei es jedoch nicht erforderlich, dass das Kind sterbe. Ingunthis weist das an sie gerichtete Ansinnen weit zurück, aber Gesalich droht ihr, Argimund müsse sterben, falls das Tor ein drittes Mal einstürze.
  10. Von zwei Wachen geleitet kommt Argimund, um Abschied von Ingunthis zu nehmen. Angesichts des Todes trotzt er dem Gelübde, das ihm die sterbende Mutter entrungen hat, und küsst Ingunthis. Dann wird er abgeführt, da man befürchtet, er könne die Stadt verlassen. Eriulf gesteht Ingunthis, dass ein Maskierter bei ihm war. Eriulf will eine Puppe statt des Kindes in die Mauer werfen, aber Ingunthis, die an das Walten böser Geister und an den Segen des Opfers glaubt, bittet ihn, Wildigern – nur für einige Stunden und wohl geborgen – in die Mauer hinabzulassen. Sie »befragt« den Säugling, ob er der Stadt ein rettender Schutzgeist sein wolle und deutet dessen Lächeln als Zustimmung.

 


Zweiter Akt

  1. Auf einem großen Platz vor dem Vincentiustor wird die Einweihung gefeiert. Das Volk jubelt Argimund zu, der von der Schuld des Verrates freigesprochen wurde. Eulalia entgegnet dem Jubel, das Tor stehe nur durch das Opfer eines lebendig eingemauerten Kindes und klagt Argimund des Verbrechens an. Dem Plan der Verschwörer gemäß bittet sie Eriulf, Argimund zu überführen, doch der verklagt nun seinerseits Gesalich. Eriulf steigt zum Tor hinauf und holt aus dem Gemäuer einen Korb: er habe entgegen dem Plan der Verschwörer nur eine Puppe eingemauert. Der Präfekt will Gesalich abführen lassen, doch Argimund bittet – am Tag des Festes – um dessen Begnadigung. Alle loben Eriulf, der Argimund von dem Vorwurf schwerer Schuld befreit hat. Ingunthis ist besorgt, dass Wildigern zu lange in der Mauer ist, aber Eriulf kann das Kind nicht holen, solange nicht alles Volk sich verlaufen hat. Eriulf will sie küssen, Ingunthis aber verweigert es ihm; in höchster Aufregung vermeint sie einen Schrei zu hören und wird mit der Erkenntnis »Zu spät!« ohnmächtig.
  2. Als Handwerksbursch verkleidet, verscharrt Eriulf das tote Kind im Wald. Er beruhigt sein Gewissen, indem er sich sagt, dem Kind sei viel Leid erspart geblieben, dass höhere Macht über die Kürze seines Lebens entschieden habe, und dass es stolz sein dürfte, durch seinen Opfertod die Heimat vor Verderben gerettet zu haben. Aus Zweigen fertigt er ein kleines Grabkreuz.
  3. Drei Strolche beobachten ihn. Als Eriulf sie wahrnimmt, gibt er sich selbst als Gauner aus, der bereit ist, mit ihnen Gold zu teilen, wenn sie auf ihn warten, bis er seine zwei Kumpane geholt habe, die am Waldrand Wache halten würden. Er will sich entfernen, aber die Strolche durchschauen sein Spiel und erkennen Eriulf als den Ankläger Gesalichs. Als sie eben nachsehen wollen, was er eingegraben hat, dringt Athaulf mit Knechten aus dem Gebüsch hervor und überrumpelt einen der Strolche; die anderen beiden fliehen, und Eriulf empfängt einen Dolchstoß. Der Strolch beteuert seine Unschuld, er sei nur von dem vierten, dem Verwundeten, angestiftet worden. Als dieser den Namen Ingunthis ausruft, stellt Athaulf ihn zur Rede. Eriulf nennt seinen Namen, stirbt aber, bevor er irgend etwas gestehen kann.

 


Dritter Akt

  1. Im Schloss werden die Vorbereitungen zur Hochzeit Herminbergas und Gunthimars getroffen. Eulalia bittet, die Gräfin sprechen zu dürfen. Sie fragt die Gräfin, warum sie nicht zur Hochzeit eingeladen sei. Offenbar doch nur, um nicht mit Ingunthis zusammentreffen zu müssen, die sie innerhalb einer Stunde mit drei verschiedenen Männern angetroffen habe und durch die jetzt die Ehre des Schlosses sehr geschmälert werde. Sie will der Gräfin um den Hals fallen, da sie ja künftig mit ihr verwandt sei, wenn sie den Helden gebären werde, dessen Vater Athaulf sein soll. Als Gäste kommen, will die Gräfin Eulalia hinausschaffen lassen, aber Eulalia begrüßt Athaulf als Ihren künftigen Gatten und ruft Doktor Agapanthus als Zeugen an. Athaulf vermutet dahinter einen Schachzug der Ingunthis, um ihn vor der Öffentlichkeit zu blamieren, aber Agapanthus gesteht, dass alles die fixe Idee der Eulalia ist. Ihn als Arzt interessiere dieser Fall, daher habe er ein neues Mittel bei Eulalia angewandt, die Athaulfs Küsse dann geträumt habe.
  2. Mit einem Fluch auf die verruchte Menschheit und die erbärmliche Welt verlässt Eulalia das Fest.
  3. Athaulf berichtet der Festgesellschaft von seinem Erlebnis in der letzten Nacht, von Eriulfs Tod, und dass er im Grab ein Kind mit einer Kette gefunden habe, die – laut Auskunft des Goldschmiedes – von Ingunthis gekauft wurde. Er befragt Herminberga, wo der Findling inzwischen sei. Herminberga erwidert, ihre Schwester hätte gesagt, die Mutter hätte ihn wieder abgeholt. Die Gräfin lässt nach Ingunthis schicken. Als Athaulf Ingunthis des Kindsmordes bezichtigt, fordert Gunthimar seinen Vetter zum Zweikampf: Gott möge entscheiden, wer von beiden Recht hat. Vergeblich versucht Herminberga, Gunthimar von seinem Vorhaben abzubringen.
  4. Die Gräfin fragt Ingunthis, ob sie schuldig sei. Ein klares »Nein« ist die Antwort. Erfreut will die Gräfin dies der ängstlichen Herminberga melden. Allein überlegt Ingunthis, ob es keine Lüge war, aber sie klammert sich an das Wort »Mord«, das sie verneint hat. Fanfaren verkünden Gunthimars Sieg. Der schwerverwundete Athaulf bittet Ingunthis um Verzeihung.
  5. Das Volk verfolgt den Hochzeitszug, der in feierlicher Stille von der Kirche zum Schloss zurückkehrt. Wiederholt greift Gunthimar nach seinem rechten Arm und unterdrückt mit Macht einen starken Schmerz. Herminberga entdeckt eine zuvor nicht beachtete Wunde, die vom Duell herrührt; er wird ohnmächtig. Ingunthis tritt daraufhin in die Mitte, da sie dies als göttliches Zeichen ansieht, zumal sie nicht alles bekannt hat: nun enthüllt sie, wie es zu dem Wahnopfer kam. Als sie alles erzählt hat, bittet sie um Bestrafung oder Freispruch.
  6. Da Gunthimar wieder erwacht, preist die Gräfin die Kunst des Doktors Agapanthus und deutet es als Gottes Befreiung von Schuld. Niemand solle künftig mehr solchem Wahn zum Opfer fallen. Als die Hochzeitsgesellschaft in das Schloss gegangen ist, bleiben nur Ingunthis, Argimund und eine Frau aus dem Volk zurück. Ingunthis scheint dem Wahnsinn zu verfallen, aber Argimund überwindet sein Gelübde und will mit Ingunthis die Stadt verlassen. Ingunthis kann nicht fort, so lange ihr die Mutter des Kindes nicht verziehen hat. Da gibt sich die Frau zu erkennen und befreit Ingunthis von ihrer Gewissensqual.

Copyright   © 2001 –    Internationale Siegfried Wagner Gesellschaft e.V., Bayreuth     [ eMail ]