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Richard Wagners wichtigste Muse

– und ihre Enkelin als Muse für Siegfried Wagner
 

In Brigitte Hamanns Winifred-Biographie ist zu lesen, dass die Festspielleiterin im Jahre 1944 protestierte, als man an Wagners Todestag in Bayreuth die Wesendonck-Lieder aufzuführen beabsichtigte: »in der Stadt, die ihre kulturelle Bedeutung neben dem Meister in allererster Linie seiner Gattin Cosima verdankt, empfindet die Familie Wagner es als taktlos, in der Öffentlichkeit gerade an einem solchen Gedenktag Richard Wagners in Verbindung mit Mathilde Wesendonck zu gedenken.«
 

Meine erste und einzige Liebe: Richard Wagner und Mathilde Wesendonck

 

Martha Schad, die vor einigen Jahren den Briefwechsel zwischen Cosima Wagner und Ludwig II. veröffentlicht hat, setzte sich so gesehen mit ihrer Buch-Premiere in der Bayreuther Markgrafen-Buchhandlung, einen Tag vor Beginn der Festspiele »in die Nesseln«, gemildert jedoch durch die Tatsache, dass sie ihre Publikation Verena Lafferentz-Wagner gewidmet hat. »Meine erste und einzige Liebe« ist – mit einem Ausspruch Richard Wagners – die erste Biographie Mathilde Wesendoncks betitelt. Sicher hat Richard Wagner für keine andere Frau in seinem Leben eine Fülle derart herrlicher Liebesbriefe verfasst. Auch wenn diese nie in Originalgestalt veröffentlicht wurden, da die Witwe Wagners die Originale verbrannt hat, bieten diese, zusammen mit Wagners hier leider nur in Auszügen veröffentlichtem, venezianischen Tagebuch Ausdruck einer Liebe, die der Komponist als »es war der Höhepunkt meines Lebens« benannt hat.
 
Das zum 100. Todestag der dilettierenden Dichterin erschienene Buch lässt Mathilde Wesendonck Gerechtigkeit widerfahren. Dabei unterschlägt Martha Schad auch nicht, dass Mathilde Wesendonck in späteren Jahren eine Anhängerin von Johannes Brahms wurde, mit dem sie eine umfangreiche Korrespondenz geführt hat. Die Autorin vergisst auch nicht darauf hinzuweisen, dass sich die Situation Komponist-Muse ein halbes Jahrhundert später in der (über)nächsten Generation beinahe wiederholt hätte: Siegfried Wagner schwärmte bekanntlich für Mathilde Wesendoncks Enkelin Inga, über die er schrieb, »I only go for the little Frau W, who is the charmingst little creature, I ever saw.«
 
Schad zitiert einen Brief Mathilde Wesendoncks an Mary Burell, in dem es über Siegfried Wagner heißt: »(Er) besucht mich oft. Seine Ansichten sind für sein Alter erstaunlich. Ich finde, er hat eine sehr angenehme Art. Wir verstehen uns.« Martha Schads gut lesbare Biographie enthält neben einer Reihe von Abbildungen und Notenbeispielen auch einige kaum bekannte Gedichte Mathilde Wesendoncks, darunter ihre Elegie auf den Tod Richard Wagners.

 
 

Siegfried Wagner in neuen Büchern über Winifred Wagner
 

Sie liebten den Führer: Wie Frauen Hitler verehrten

 

Seit dem Tod der Witwe Siegfried Wagners im Jahre 1980 gab es, nicht zuletzt unter dem Eindruck ihrer Aussagen in Hans-Joachim Syberbergs Film »Winifred Wagner und die Geschichte des Hauses Wagner«, ein ganze Reihe von Ansätzen zu einer Biographie über die Festpielleiterin im Dritten Reich. Bedauerlich insbesondere, dass das Projekt von Otto Daube, begonnen noch in den letzten Lebensjahren Winifred Wagners, nicht zum Abschluss kam. Mit der Absicht einer eigenen Biographie forschten Dr. Martha Schad (die Herausgeberin des Briefwechsels zwischen Ludwig II und Cosima Wagner), die Wiener Historikerin Dr. Brigitte Hamann (»Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth«) und Ingelore Winter (für eine Lebensgeschichte »Winifred Wagner« im Droste-Verlag, Düsseldorf).
 

Winifred Wagner: Ein Leben für Bayreuth

 

Den Schnellschuss unter den Biographien über Winifred Wagner, mit dem Untertitel »Ein Leben für Bayreuth«, leistete der Bayreuther Walter Schertz-Parey. Die 312-seitige, unangenehm weihevoll geschriebene Hagiographie des »Urgroßneffen Richard Wagners«, den der Leser gleichwohl auf der »Stammtafel der Familie Wagner« in diesem Buch vergeblich sucht, erschien 1999 im Leopold Stocker Verlag Graz, der auch Zdenko von Krafts unsägliche Siegfried Wagner-Biographie veröffentlicht hat. Dort (im überflüssigen Anhang »Nachfolge 1931 bis 1944«) wie hier liegt das Interesse des Verlages deutlich in der Reproduktion von Nazi-Zeugnissen, etwa Bildern von Adolf Hitler und Arno Breker. Siegfried Wagners Oeuvre ist ganz ausgespart, obgleich die frühen Eindrücke Winifred Wagners in Opernaufführungen Siegfried Wagners durchaus zum Thema gehört hätten. Der Leser erfährt auch nicht, dass Winifred Wagner auf Betreiben ihrer Tochter Friedelind erneut mit konzertanten Aufführungen der Werke ihres Mannes konfrontiert wurde und sogar als Ehrenpräsidentin der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft e.V. firmierte.
 
Winifred Wagner wird weiter Thema für Publikationen bleiben. In Guido Knopps Begleitbuch zu seiner sechsteiligen ZDF-Serie »Hitlers Frauen« (Bertelsmann Verlag, München 2001) nimmt Winifred Wagner ein ganzes Kapitel ein, und Martha Schad plant nunmehr ein Buch »Frauen gegen Hitler«, mit einem eigenen Kapitel über Friedelind Wagner.

 
 

Briefwechsel Cosima – Ludwig II
 

Cosima Wagner und Ludwig II. von Bayern. Briefe: Eine erstaunliche Korrespondenz

 

Eine editorische Lücke schließt der von Martha Schad erstmals komplett herausgegebene Briefwechsel zwischen Cosima Wagner und Ludwig II von Bayern, der jenen Zeitraum zwischen dem Abschluß von Richard Wagners Autobiographie »Mein Leben« (Mai 1864) und dem Beginn der Tagebücher Cosima Wagners (1.1.1869) abdeckt, die damals noch Cosima von Bülow hieß. Die Herausgeberin weiß dabei verborgene Querbezüge und geheime Anspielungen zu entschlüsseln. Nur je einmal, im Kondolenzschreiben des Königs zum Tode Richard Wagners und im Schreiben Cosimas vom 27. September 1885 fällt der Name Siegfried Wagners, zuletzt beim Eintritt ins Bayreuther Gymnasium und Cosimas Überlegung, den Sohn vor Abschluß des Gymnasiums bereits das Polytechnikum besuchen zu lassen.

Mit dieser Edition hat sich Dr. Martha Schad auch das Vertrauen des Festspielleiters Wolfgang Wagners erworben und durfte Einsicht nehmen in die einschlägigen Materialien für eine Biographie Winifred Wagners.

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