Opernnetz: Welche Aspekte sind nach Ihrer Meinung relevant für ein neues Publikum, das sich fundamental von den konventionellen Opern- bzw. Wagner-Traditionalisten unterscheidet?
Pachl: Die Emotionen der Opern Siegfried Wagners und der seines Publikums sind sehr viel stärker nach innen gerichtet als bei den Musikdramen seines Vaters. Ein Publikum für Siegfried Wagner sieht Siegfried Wagners Opern nicht als Fortsetzung der Opern Richard Wagners, sondern vermag diese nach ihrem Eigenwert zu beurteilen.
Ungeachtet der zahlreichen Beziehungslinien, die beider Oeuvre gleichwohl bietet, verharrt ein solches Publikum nicht beim oberflächlichen Vergleich, sondern dringt tiefer ein, lässt sich – auch in Vor- und Nachbereitung – auf das Abenteuer Siegfried Wagner ein.
Angesprochen ist allerdings ein Publikum, das bereit ist, sich auf vielschichtigere und kompliziertere Inhalte einzulassen als sie gemeinhin in Opernlibretti anzutreffen sind. Die Tendenz, sich mit komplizierteren Kontexten, vielfältig deutbaren Handlungskonstellationen auseinander zu setzen, ist bei Cineasten seit gut einem Dezennium festzustellen. Auch beim Opernpublikum, das naturgemäß etwas schwerfälliger ist als die Filmfreunde, sind Anfänge einer derartigen Entwicklung zu konstatieren. |