Archiv des Autors: Achim Bahr

Eine missglückte Nationaloper?

Im Gegensatz zu den meisten anderen seiner Bühnenwerke besitzt Siegfried Wagners HEILIGE LINDE eine verwandtschaftliche Nähe zum väterlichen »Ring des Nibelungen«: Walhall, Wotan und Tor werden im Schlussensemble angerufen, und der in Siegfried Wagners Prosaentwurf im zweiten Bild des dritten Aktes nachgetragene Einschub der Worte Hildegards: »O trauriger König! Den Treuen untreu, den Untreuen treu!«… Weiterlesen »

Deutsche Identitätssuche

Im September 1922 vollendete Siegfried Wagner in Bayreuth das symphonische Vorspiel zu einer Oper, deren Dichtung erst zwei Jahre und deren Partitur sogar erst fünf Jahre später vollendet werden sollte, die in seinem Kopf jedoch, zum Teil bereits bis in Einzelheiten hinein, konzipiert war: DIE HEILIGE LINDE. Dass ein Vorspiel fünf Jahre vor Fertigstellung der… Weiterlesen »

Bedeutung von Figuren und Begriffen

Bei der Wahl der Namen für seine Figuren ging es Siegfried Wagner einerseits darum, Namen zu suchen, die für die Opernliteratur Novitäten darstellten, die andererseits aber Assoziationsketten ermöglichen, die wiederum Rückschlüsse und Hilfestellungen zur Deutung der Opernfiguren selbst sind. Arbogast Der Name Arbogast dürfte Siegfried Wagner bei Jacob Grimm begegnet sein, in der Sage über… Weiterlesen »

Onomapoetik

Siegfried Wagners Witwe Winifred hat der postum von ihr herausgegebenen Dichtung zu RAINULF UND ADELASIA ein Vorwort beigegeben, in dem sie auf die Quelle hinweist: »Anregungen zu dem Stoff gab vornehmlich das Buch des Grafen Schaack [sic!]: ›Die Normannen in Sizilien [sic!]‹. Eigene starke Eindrücke von früher Jugend an in Sizilien und Neapel empfangen und… Weiterlesen »

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Wie in allen Opern Siegfried Wagners, sind auch in diesem anspielungsreichen Werk neben autobiographischen wieder mancherlei Verweise auf sein eigenes wie auf das Œuvre seines Vaters zu entdecken. Schon der Titel erscheint als Spiegelung zu »Tristan und Isolde«, was von Adelasia deutlich angesprochen wird: »Doch nicht Liebe schloß den Bund: / Ein süßer Klang sonst… Weiterlesen »

Marienburg und Festspielhaus

DER SCHMIED VON MARIENBURG heißt die dreizehnte, wiederum stark autobiographisch gefärbte Oper, die am 16. Dezember 1923 am Stadttheater Rostock uraufgeführt wurde. In der Handlung geht es, wie so häufig bei Siegfried Wagner, um die Frage, ob die gerade geltenden Gesetze noch Gültigkeit besitzen oder ob es nicht jenseits von Doktrin und Ordnung ein Recht… Weiterlesen »

Der Staat des Deutschen Ritterordens

Der Schauplatz des Geschehens ist der Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ritterordens, die Marienburg an der Nogat, im späteren Westpreußen, im Jahre 1410. Damit bildet DER SCHMIED VON MARIENBURG in gewisser Hinsicht eine Ausnahme im Opernschaffen des Komponisten Siegfried Wagner, denn in keinem anderen Bühnenwerk lässt sich das Geschehen erstens an eine reale historische Begebenheit… Weiterlesen »

Wollt ihr den totalen Grimm?

»In Märchen steht Wahrheit« lautet die Maxime in Siegfried Wagners 17. Oper WALAMUND. In dieser Oper aus dem Jahre 1928 gibt es zwischen Vater und Sohn einen Schlagabtausch in Sprichworten:1 WALAFRIED: Schöne Kundschaft wieder hier! WALAMUND: »Kundschaft macht Freundschaft. Freundschaft macht Küssen. Küssen macht Kinder.« WALAFRIED: »Der Faulenz und der Lüderli sind zwei Zwillingsbrüderli!« WALAMUND:… Weiterlesen »

Durchdringung von Leben und Kunst

In der Opernhandlung geht es um das Sich-Durchdringen von Leben und Kunst. Eine häufig gestrichene Szene, das einzige Melodram (!) in der ansonsten durchkomponierten Oper, ist der Schlüssel des Ganzen: Siegfried Wagner (1869 – 1930), als Person der Handlung (1915), streitet mit Jacob Grimm (1785 – 1863) über die Verwertung von Märchen; es kommt dabei… Weiterlesen »

Das Schweigen der Kröte

Märchen, Hausmärchen zumal, haben derzeit wieder Konjunktur. Nicht nur erfreuen sich die alten DEFA-Produktionen unverminderter Beliebtheit und werden seit ihrer Erstausstrahlung vor mehr als einem halben Jahrhundert bis heute ohne Unterbrechung auf verschiedenen Fernsehkanälen immer und immer wieder wiederholt, sondern es kommen stets neue und neueste Verfilmungen von Märchenstoffen hinzu, z. B. Märchenperlen (ZDF) oder Sechs… Weiterlesen »