Sottisen gegen Siegfried Wagner

Von | 13.08.2024

In der siebten Folge der Sendereihe des RBB über die Musik der 20er Jahre, »Die Last des Gestern«, hat Kai Luehrs-Kaiser leider viel Unsinn bzgl. Siegfried Wagner kolportiert:

 

 

Am Anfang und am Ende der Musikliste o. g. Sendung von Radio Berlin-Branden­burg standen die Vorspiele zum 2. resp. 1. Akt (gekürzt) von op. 15, DIE HEILIGE LINDE, und in der Mitte die Einleitung zum 2. Akt von op. 16, WAHN­OPFER, jeweils mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Werner Andreas Albert.

Das – orthographisch sehr fehlerhafte – Manuskript zur Sendung wurde als pdf zum download angeboten: es enthält neben zahlreichen Sottisen gegen Person und Werk Siegfried Wagners teilweise drastische Falschinformationen wie diese:

In Siegfried Wagners Oper DIE HEILIGE LINDE, ein Misserfolg von 1924, ist das Motiv des Unberechenbaren, finster waltenden Urgrundes unüber­sehbar.

Abgesehen von der nebulösen Sentenz zum Inhalt der Oper, die die Unkenntnis des Autors zumindest dieses Werkes von Siegfried Wagner belegt, trifft auch der Rest der Aussage nicht zu: Da die Oper erst 1927 vollendet war und ihre Urauf­führung posthum 2001 stattfand, kann sie schwerlich bereits 1924 ein Misserfolg gewesen sein.

Auch die folgenden Behauptungen Kai Luehrs-Kaisers sind nicht nachvollziehbar:

Siegfried Wagner, so kann man vereinfachend sagen, hatte sich in seinen Opern vor allem eines vorgenommen: an genau jenen Stellen, an denen sein Vater Richard Wagner einen Anfang markiert hatte, ohne schon fertig zu werden, diese Arbeit fortzusetzen. Das waren, zumindest nach der Doktrin der Wagnerianer (unter der ideologischen Obhut von Wagners Witwe Cosima) vor allem zwei Bereiche: die musikalische Kömödie [sic]; etwas, das Wagner in den »Meistersingern von Nürnberg« in Ansätzen bereits inauguriert hatte. Und zweitens das Märchenspiel, für das man im 1. und 2. Akt der Oper »Siegfried« Ansätze erblickte. Dem entsprechend lesen sich die Titel von Siegfried Wagners Opern: Von DER BÄRENHÄUTER über BRUDER LUSTIG geht das weiter zu SCHWARZSCHWANENREICH bis zu DIE HEILIGE LINDE, WALAMUND und DAS FLÜCHLEIN, DAS JEDER MIT­BEKAM. Vielfach werden wagnersche Motive und Termini ins Possierliche umgemünzt.

Achim Bahr