Unser langjähriges Mitglied, Frau Ks. Martha Mödl ist am 17. Dezember 2001 in Stuttgart im Alter von 89 Jahren verstorben. Stets war die bekannte Wagner- und Strauss-Interpretin gerne bereit, sich für das Œuvre Siegfried Wagners einzusetzen, der nach ihrer Meinung das Pech hatte, »der Sohn Richard Wagners und der Vater Wieland Wagners zu sein«.
Martha Mödl gestaltete am 23. 11. 1975 bei der Londoner Erstaufführung des FRIEDENSENGEL in der Queen Elizabeth Hall die Frau Kathrin, bei den Siegfried Wagner-Tagen 1977 in Wiesbaden sang sie in einer Matinee in der Villa Clementine, am Klavier begleitet von GMD Siegfried Köhler, die Ballade der Urme aus BRUDER LUSTIG und die Szene der Frau Kathrin aus dem ersten Akt DER FRIEDENSENGEL. Bei den Siegfried Wagner Tagen 1979 in Wiesbaden gestaltete sie in der Wiesbadener Erstaufführung der SONNENFLAMMEN die Eustachia. Eine weitere Partie Siegfried Wagners, die Martha Mödl studiert, aber – infolge der kurzfristigen Absage der für die Spielzeit 1982/83 am Städtebundtheater Hof für Hof und Bayreuth angekündigten Produktion – nie auf der Bühne realisiert hat, ist Frieders Mutter in AN ALLEM IST HÜTCHEN SCHULD! Auch ihre Mitwirkung bei der Kölner Siegfried Wagner-Woche im Oktober 2001 hatte Martha Mödl freudig zugesagt. Vorgesehen war sie für eine Podiumsdiskussion »Siegfried Wagner singen«, mit namhaften Interpreten der Operngestalten Siegfried Wagners. Aber am Vormittag des 20. 10. 2001 musste der Diskussionsleiter bereits von der schweren Erkrankung Martha Mödls berichten; das Auditorium lauschte Martha Mödl in einer Szene der Kathrin aus dem Mitschnitt des Londoner FRIEDENSENGEL und sandte Genesungswünsche – leider ohne Wirkung.
Der großen Wagner-Interpretin war mindestens zweimal in ihrem Leben böse mitgespielt worden: Der Tatsache, dass sie – auf Empfehlung eines Finanzberaters – ihr gesamtes Vermögen in Flugzeugpapieren angelegt und verloren hatte, verdankten die Freunde ihrer Gesangs- und Darstellungskunst Martha Mödls Comeback im Altfach, zunächst als Waltraute in der »Götterdämmerung«. Rollen alter Frauen, wie der Küsterin in »Jenufa« oder der Gräfin in »Pique Dame« verkörperte sie noch bis Anfang des Jahres 2001 auf den Bühnen des In- und Auslands. Dann hatte eine Bodenspekulantin begonnen, sie aus ihrem Domizil, einer Villa im Münchner Stadtteil Grünwald, wo sie seit 30 Jahren zur Miete lebte, zu vertreiben: zunächst ließ die Spekulantin 50 (!) Bäume rund um das Haus fällen und die Fenster für zwei Tage verdunkeln. Dann drohte sie Frau Mödl und ihrer körperbehinderten Mitbewohnerin mit der Abrissbirne, unabhängig davon, ob die Damen vorher ausgezogen wären oder nicht. Notgedrungen übersiedelte Martha Mödl in ein Seniorenheim, bekam dort einen Darmverschluss und lag für zwölf Tage im Koma; wiedererwacht, folgte ein Schlaganfall. Dennoch bewies sie ihren Willen zum Leben und lernte in Stuttgart, betreut von einem Vetter, erneut das Sprechen und Gehen. Am 17. Dezember erlag sie den Folgen ihrer Krankheit.
Für alle, die Martha Mödl auf der Bühne erlebt haben, wird ihre intensive Gestaltung unvergesslich bleiben; Martha Mödls Stimme aber war dank zahlreicher Tondokumente schon zu Lebzeiten der Sängerin unsterblich.
Peter P. Pachl