Als die erwarteten Opernaufführungen anläßlich Siegfried Wagners 100. Geburtstag 1969 ausblieben, verwandelte sich sein längst schon erwachtes Interesse an diesem Komponisten in eine Leidenschaft, die bald darauf zur Gründung der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft führte und die bis heute nichts von ihrer Schwungkraft verloren hat – im Gegenteil: Prof. Dr. Peter P. Pachl vollendete am 24. April 2003 sein fünfzigstes Lebensjahr.
1953 in Bayreuth geboren, hat er »Wagner« also gleichsam »mit der Muttermilch aufgesogen«; als Regensburger Domspatz gründete er eine Schauspiel- und eine Operntruppe, studierte Musik- und Theaterwissenschaften in München und lieferte 1977 als bis dahin jüngster Promovent Deutschlands eine Dissertation über »Siegfried Wagners musikdramatisches Schaffen« ab, die als die erste wissenschaftlich seriöse Untersuchung dieses Themas überhaupt angesehen werden darf und ein Standardwerk der Forschung geworden und geblieben ist. Die Drucklegung dieser Arbeit 1979 steht übrigens am Anfang einer langen Reihe (musik-) wissenschaftlicher Publikationen, auf die »PPP«, wie er sich selbst gern nennt, als Autor, Co-Autor oder (Mit-) Herausgeber zurückblicken kann.
Gleich zu Beginn des Studiums, beinahe en passant, gründete er 1972 die ISWG, nachdem er schon in den Jahren zuvor mehrfach Konzert- und Liederabende mit Kompositionen Siegfried Wagners veranstaltet hatte, und 1980 ein eigenes Ensemble (»pianopianissimo-musiktheater«), das – nach wie vor unter seiner künstlerischen Leitung – regelmäßig Raritäten der Opernbühne zu Erst- und Uraufführungen brachte und bringt.
Seit seiner Professur für Opernregie 1989 in Hannover hält Pachl an verschiedenen Hochschulen Seminare und Vorlesungen ab, so u. a. in Bayreuth, Berlin, Bochum, Dresden, Hagen, Hamburg, Weimar oder Wien. Als Intendant und Verwaltungsdirektor des Thüringer Landestheaters Rudolstadt sowie der Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt (1990 bis 1994) setzte er sich erfolgreich für die Wiederbelebung der ältesten Festspiele ein, deren Intendant er bis 1995 war und bei denen – natürlich – auch Opern Siegfried Wagners Berücksichtigung fanden.
Als Regisseur und Chefdramaturg am Theater Hagen (1997 bis 2000), aber auch an zahlreichen anderen Häusern inszenierte er Stücke des Musiktheaters – etwa in Bonn, Detmold, Erfurt, Hildesheim, Kassel, Kiel, Koblenz, Mainz, München, Münster, Neuss, Nürnberg, Regensburg, Ulm, Wiesbaden, Wuppertal – und zwar nicht nur von Richard und Siegfried Wagner, sondern auch von Bernstein, Britten, Cornelius, von Einem, Gluck, Hoffmann, Humperdinck, Lloyd Webber, Lortzing, Massenet, Mozart, Nicolai, Offenbach, Pfitzner, Schreker, Strauss, Strawinsky, Verdi, Weir oder Zemlinksky, um nur einige zu nennen. Außerdem ist der unermüdliche, meist gut gelaunte Professor noch als gern gesehener Mitarbeiter bei Rundfunk- und Fernsehsendern tätig und schreibt Beiträge, Rezensionen und Essays für Zeitungen, Zeitschriften, Programmhefte oder CD-»Booklets« usw.
Siegfried Wagner aber steht unzweifelhaft im Zentrum seiner Forschungen, und auf diesem Gebiet verfügt Peter P. Pachl als der einzige, weltweit gefragte, unglaublich sachkundige, dabei stets auskunftfreudige Experte über frappierende Detailkenntnisse. Mit der Biographie Genie im Schatten, 1988 in erster, 1994 – zum 125. Geburtstag des Komponisten – in erweiterter, zweiter Auflage erschienen, gelang es ihm nicht nur, der Persönlichkeit Siegfried Wagners erstmals deutliche Konturen zu verleihen, sondern zugleich auch dessen Opernwerke in neuem Licht erscheinen zu lassen. Und dass er nun, mit seinen fünfzig Jahren, (fast) alle Werke Siegfried Wagners mindestens einmal aufgeführt oder sogar uraufgeführt hat – damit hat er sich das schönste Geburtstagsgeschenk wohl selbst bereitet!
Achim Bahr