Franz Stassen gewidmet
1913
Uraufführung: 3. Februar 1914 in Hamburg
Drei Weiber saßen sorgvergessen,
Schwatzend einst beisamm’,
Da sprach die Eine:
›Wisst Ihr, was uns fehlt?‹
›Einen Pfannkuchen lasst uns essen!‹
Da gab die Eine Milch und Ei,
Die Zweite trug das Mehl herbei,
Die Dritte goss das Fett hinein!
›Juchhe! Das wird jetzt fein!‹
Doch denkt Euch, was da geschah!
Wie der Kuchen die hässlichen Weiber sah,
Da richtet’ er sich hoch auf,
Und schnell in hurtig’ eiligem Lauf
Macht’ er sich auf die Bein!
Kantapper kantapper zum Wald hinein,
Kantapper kantapper (etc., etc.)
Und wie er nun so weiter rollt,
Da kam ein Häs’chen an,
Das hätt’ ihn gar zu gern gewollt,
Stellt sich in den Weg ihm quer!
›Dicker fetter Pfannekuchen,
Lass mich dich ein wenig versuchen!
Ich will Dich in meinen Mund nur führen.‹
Doch Der erwiderte drauf:
›Ei! Hör’ doch! Häs’chen Wippsteert!
Was Der so dreist begehrt!
Ich bin Drei hässlichen Weibern entwischt!
Würd’ ich Dir nun aufgetischt?‹
Und machte sich auf die Bein
Kantapper kantapper zum Wald hinein!
Kantapper kantapper (etc.)
Da kam eine Kuh herbei gemuht,
Bald drauf ein Reh, zag im Lauf.
Denen dünkte der Kuchen gar so gut.
Drum hielten sie ihn auf
Und sprachen zu ihm:
›Was rollst Du so? Hast Du was vergessen?
Bleib lieber stehn und lass dich fressen!‹
Doch der entgegnete ihnen:
›Ei! Höre doch! Kuh Swippsteert,
Höre! Rick Blixsteert!
Entfloh’n bin ich Drei-Weiber-Bauch
Und Häs’chen Wippsteert auch dazu!
Glaubt Ihr, dass Ihr mich erwischt?‹
Und machte sich flugs auf die Bein
Kantapper kantapper zum Wald hinein!
Dem Wolf, dem gier’gen Fresser,
Dem ging es auch nicht besser!
Da kommt sie schnaubend hergesaust:
Die Sau! Und grunzt und braust!
Die Borsten wüst und wirr zersaust,
Den Teufel hätt’ es gegraust!
Wütend fährt sie den Kuchen an:
›Werd dir den Spaß schon vertreiben!
Fetter Kerl! Um Dich ist’s getan!
Willst du gleich jetzt stehen bleiben?‹
Doch der Kuchen rief:
›Du grobe Sau! Sei still und schweig!
Meinst Du, Dir tauge so feiner Teig!
Ich bin drei hässlichen Weibern entwischt,
Häs’chen Wippsteert, Kuh Swippsteert,
Rick Blicksteert, Wolf Dicksteert!
Würd’ ich Dir nun aufgetischt?‹
Und machte sich auf die Bein!
Kantapper kantapper zum Wald hinein (etc.)
Drei Kinder saßen dort im Wald,
Die hatten keine Eltern mehr.
Die Stiefmutter war so bös’ und schalt,
Und jagte sie hin und her!
Da floh’n sie in die ferne Welt,
Dass sie sich selber nähren.
Ob’s dort nicht wäre besser bestellt,
Und sie vor Hass sich wehren!
Doch weh! Was mussten sie ertragen:
Die Ärmsten fanden selbst nicht mal Beeren!
Sie jammerten, es knurrte ihnen leer der Magen:
›Will Gott uns denn gar nichts bescheren?‹
Der Pfannekuchen sieht die Kleinen,
Er stellt das Rollen alsbald ein.
›Was tut Ihr so flennen und so greinen?
Sagt, was macht Euch grimme Pein?‹
›Ach lieber fetter Pfannekuchen!
Elternlos wir irren im Wald!
Nach Nahrung wir drei Tage schon suchen!
Verhungern müssen wir nun bald!‹
Da kriegt er’s mit dem Mitleid:
›Ihr lieben dummen Kinder! Ei!
Was meint Ihr? Seid doch gescheit!‹
Er brach sich in Stücke Drei
Und sprang den Kindern in’s Mündlein hinein
Kantapper kantapper kantapper hinein! (etc.)