Gedicht von Nicolaus Lenau [1802-1850]
comp. von Siegfried Wagner
Durch den Wald, den dunkeln,
Geht holde Frühlingsmorgenstunde,
Durch den Wald vom Himmel
Weht eine leise Liebeskunde.
Selig lauscht der grüne Baum,
Und er taucht mit allen Zweigen
In den schönen Frühlingstraum,
In den vollen Lebensreigen.
Blüht ein Blümlein irgendwo,
Wirds vom hellen Tau getränket,
Das einsame zittert froh,
Dass der Himmel sein gedenket.
In geheimer Laubesnacht
Wird des Vogels Herz getroffen
Von der großen Liebesmacht,
Uund er singt ein süßes Hoffen.
All das frohe Lenzgeschick
Nicht ein Wort des Himmels kündet;
Nur sein stummer, warmer Blick
Hat die Seligkeit entzündet:
Also in den Winterharm,
Der die Seele hielt bezwungen,
Ist ein Blick mir, still und warm,
Frühlingsmächtig eingedrungen.