Im Oktober 2001 erlebten wir in der Kölner Philharmonie die Uraufführung der Siegfried-Wagner-Oper DIE HEILIGE LINDE. Zu den beiden Aufführungen waren sogar der Bayreuther Festspielleiter Wolfgang Wagner und seine Schwester Verena Wagner-Lafferentz gekommen. Wolfgang Wagner bedankte sich nach der Vorstellung, unterhalb der Bühnenrampe stehend, bei den Künstlern für ihr Engagement, eine Oper seines Vaters sehr gut interpretiert zu haben.
Bei den Bayreuther Festspielen 2002 verkaufte uns das Festspiel-Postamt ein Heft Briefmarken, auf denen Die Linde zu Himmelsberg abgebildet ist; nach der Beschreibung auf der Rückseite des Markenheftes zählt diese uralte Linde zu den eingetragenen Naturdenkmälern des Oberhessischen Berglandes. Donnerwetter, dachte ich, da gibt es doch tatsächlich noch eine lebende »Heilige Linde«, denn DIE HEILIGE LINDE, die in der Oper vorkommt, ist ja damals von Arbogast gefällt worden, weil sie ihm »die Aussicht versperrte«. Unsere Rückfahrt von Bayreuth nach Köln richteten wir so ein, dass sie an der Linde zu Himmelsberg vorbeiführte. Die riesige Tanzlinde steht in dem kleinen Ort mit nur knapp über 200 Einwohnern direkt neben der Kirche St. Nikolaus und wird 1243 erstmals urkundlich erwähnt; nach Schätzung von Fachleuten soll sie zwischen 750 und 1000 Jahren alt sein. Die Gemeinde Himmelsberg (bzw. Kirchhain, dem Himmelsberg heutzutage eingemeindet ist) hat unter dem gewaltigen Laubdach des Baumes zwei Bänke und einen großen Tisch aufgestellt, an dem wir unser mitgebrachtes Picknick verzehren konnten.
So war das ein richtig schöner Abschluß der Festspielreise. Erst in Bayreuth bei den Opern von Richard Wagner, am spielfreien 29. Juli 2002 ein reizendes kleines Konzert im Hause Steingraeber, in dem wir unter anderem nochmals das FLÖTENKONZERT von Siegfried Wagner erleben durften. Es wurde wieder von der Ungarin Adél Oborzil, der Preisträgerin der Stipendienstiftung der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft, dargeboten. Adél Oborzil hatte dieses Werk schon einmal im Oktober 2001, im Rahmen der Kölner Siegfried-Wagner-Festwoche anläßlich der Preisverleihung in der Kölner Musikhochschule, virtuos vorgetragen.
Nun, auf der Rückfahrt von Bayreuth ins heimische Köln erlebten wir, angesichts einer echten »heiligen« Linde, also nochmals einige Gedenkminuten an die Oper Die heilige Linde, dabei an Siegfried Wagner und sein Opern-Universum denkend.
Hans-Ulrich Driesch