›Concertstück für Flöte‹ zweimal in Frankfurt

Von | 24.11.2025

Unter dem Titel Denkwürdig! brachte das Frankfurter Jugend-Musik-Ensemble im Rahmen zweier Benefizkonzerte Siegfried Wagners CONCERTSTÜCK FÜR FLÖTE UND KLEINES ORCHESTER in F-Dur zu Gehör – und damit endlich wieder einmal eine Aufführung in jener Metropole, in der Siegfried Wagner Komposition studiert hat und in der früher auch seine Opern häufig auf dem Spielplan standen. Mit Kompositionen von Louis Spohr, Johannes Brahms, Kurt Schwaen, Harald Genzmer, Walter Leigh, Joseph Haydn und eben Siegfried Wagner, hatte der rührige Dirigent Christian Münch allesamt Jubilare ausgewählt und im Vorspruch angekündigt: »Und dass Siegfried, der Sohn von Richard Wagner, ebenfalls ein großer Komponist war, wissen wohl nur die Wenigsten.«

Ungewöhnlich war Münchs Orchesteraufstellung am 14. November 2009 in der Frankfurter Dreikönigskirche, in Form einer Konzertbühne mit davor liegendem Graben: auf der Empore der einen Seite der Kirchen-Breitseite nämlich waren die Orchestermitglieder, auf der gegenüberliegenden Empore die Besucher des Konzerts positioniert. Und die Solistin stand nicht vor dem Orchester, sondern inmitten der Holzbläser. Weiter ungewöhnlich – dem protestantischen Aufführungsort geschuldet und mit Mendelssohns Reformations-Symphonie als Zugabe eingelöst – animierte der Dirigent die Zuhörer zum aktiven Mitgestalten, indem zwischen den Darbietungen Luthers Choral »Ein feste Burg ist unser Gott« gesungen wurde, dessen dritte Strophe bekanntlich denselben Titel trägt wie eine sinfonische Dichtung Siegfried Wagners, UND WENN DIE WELT VOLL TEUFEL WÄR! Obgleich Siegfried Wagner in seiner Werkeinführung explizit nicht an das alte Luther-Wort erinnern will, alludiert der protestantische Marienverehrer dieses mit der Wahl des Titels doch überdeutlich; so gesehen hätte es gut in dieses Programm gepasst.

Dass es Münch in seiner Interpretation mehr um Akkuratesse als um die glatte Wirkung der Aufführung ging, bewies die Tatsache, dass er nach einem unsauberen Abschnittsbeginn abbrach und erneut mit Takt 189 einsetzte. Imke Papst-Affeldt als Solistin erfreute mit sauberer Intonation, von der die Streicher leider weiter entfernt waren. Deutlicher hörbar wurde diese Diskrepanz noch am Abend darauf in der Lutherkirche, bei einer konventionellen Aufstellung im Chor des Gebäudes und mit trockenerer Akustik. Interpretatorisch setzte Christian Münch auf ungewöhnliche Akzente bei Streicherfiguren und betonte insgesamt mehr die sonnige Ebene lustvoller Kuppelei und Libertinage aus HERZOG WILDFANG, als jene humoristischen Sonnenflecken, die Balthasar in die triste Verismo-Handlung des FRIEDENSENGEL streut. Das Publikum spendete an beiden Orten begeistert Beifall. Fragwürdig hingegen ist die Einführung in Siegfried Wagners Komposition auf dem Programmblatt des Jugend-Musik-Ensembles Frankfurt, welche mit den Worten beginnt, »Leider war auch Siegfried Wagner nicht frei von deutsch-nationalem Antisemitismus«, und hernach Hitler zitiert, Siegfried Wagner »sei wohl in der Hand der Juden gewesen«.

PPP