›Pfannekuchen‹ als Höhepunkt in Dessau

Von | 24.11.2025

In vier Konzerten des ausgehenden Jahres 2010 erklang im Anhaltischen Theater Dessau Siegfried Wagners Ballade DAS MÄRCHEN VOM DICKEN, FETTEN PFANNEKUCHEN in der Originalfassung für Baritonsolo und Orchester.

Das Weihnachtskonzert im Bayreuth des Nordens, wie das Theater in Dessau im frühen zwanzigsten Jahrhundert genannt wurde, war ganz dem Genre Märchen in der Musik der Romantik gewidmet. Aus der frühen Romantik erklang Mendelssohn-Bartholdys Ouvertüre »Das Märchen von der schönen Melusine«, welche der Komponist als  Ersatz für die seines Erachtens misslungene Ouvertüre zu Konradin Kreutzers gleichnamiger Oper komponiert hat. Aus dem tschechischen Pendant dieses Undinen-Stoffes, Antonin Dvoraks »Rusalka«, erklangen die Polonaise und die Arie des Wassermanns (in deutscher Sprache). Überhöht wurde der Abschluss des ersten Teils durch eine Suite aus der Oper »Das schlaue Füchslein« von Leos Janácek, in der das Kinderballett des Anhaltischen Theaters vor dem Klangkörper der Anhaltischen Philharmonie, kostümiert als Käfer, Schmetterlinge und allerlei Federvieh, tanzte.

Insbesondere in Janáceks filigraner Partitur entfaltete die Anhaltische  Philharmonie unter der Leitung von Daniel Carlberg orchestrale Klangpracht. Eine Suite aus  Tschaikowskis »Schwanensee« leitete den zweiten Teil des Konzerts ein. Der launige Moderator Gerald Fiedler verzichtete in seiner Überleitung auf den naheliegenden Kalauer vom Prinzen Siegfried in »Schwanensee« zum Prinzen der Wagnerfamilie am Bayreuther Hofgartenteich, sondern deklamierte aus einer bereits 1848 erschienen Variante des Märchens vom dicken fetten Pfannekuchen, in welcher die Hälfte des begehrten Objekts von einer Sau gefressen wird, die andere Hälfte des Pfannekuchens aber im Erdboden verschwindet, weswegen die Schweine noch heute danach schnüffeln würden. In seiner textintensiven Interpretation von Siegfried Wagners Ballade setzte der Bariton Ulf Paulsen zielsicher auf deutliche Charakterisierung der handelnden Personen, des Pfannekuchens, der drei Weiber und der Tiere, was während seines Vortrags verhaltene Lacher und am Ende zahlreiche Bravorufe auslöste. Dem folgte noch der Schluss der Oper »Hänsel und Gretel« von Siegfried Wagners Lehrer Engelbert Humperdinck.

Bei einem solchen, auch an Besonderheiten reichen Konzert hätte im besten Sinne nahe gelegen, dabei Humperdincks eigens für die Aufführungen in Dessau geschaffene Variante erklingen zu lassen, in welcher der »Dessauer Marsch« kontrapunktisch ins Schlussensemble integriert ist. Doch der schwungvoll dirigierende Daniel Carlberg setzte auf ein rasches, zündendes Ende des Opernfinales, bei dem der Kinderchor des Anhaltischen Theaters nicht nur durch Klangintensität auffiel, sondern auch durch die Tatsache, dass hier nicht nur Teenager, sondern auch kleine und kleinste Kinder auf der Bühne standen und leidenschaftlich sangen und agierten.

Peter P.  Pachl