Der Tenor Manfred Jung […] leitet seit sieben Jahren das eigens für ihn geschaffene Jugendorchester der 2006 gegründeten Jungen Musiker Stiftung. Im Jahr des 200. Geburtstages von Richard Wagner brachte das Junge Tonkünstler Orchester ein ungewöhnliches Programm zu Gehör – als Mittelpunkt das VIOLINKONZERT von Siegfried Wagner und am Ende Richard Wagners einzige vollständige Symphonie (WWV 29).
Siegfried Wagners 1915 entstandenes KONZERT FÜR VIOLINE MIT BEGLEITUNG DES ORCHESTERS verarbeitet ausschließlich Themen aus der Oper AN ALLEM IST HÜTCHEN SCHULD!, op. 11. Stark autobiografisch gezeichnet, wie zumeist bei diesem Komponisten, nimmt das Orchesterwerk seinen Entschluss der Verlobung mit Winifred Williams vorweg. In deutlichem Gegensatz zu den oft sehr düsteren Handlungen seiner Opern, entstammt diese Komposition hörbar einem besonders glücklichen Lebensabschnitt, der Hoffnung, diese Kindfrau noch selbst formen und zu liberalem Gedankengut führen zu können – was sich allerdings bald als Trugschluss herausstellen sollte.

Manfred Jung und das Junge Tonkünstler Orchester in Sankt Georgen
Auch für die poetische Tondichtung in Parallelität zur Märchenoper, ließ Manfred Jung sich und dem jungen Solisten viel Zeit zur klanglichen Entfaltung. Mit großer Melancholie in der Bogenführung zeichnete Tobias Feldmann in der Moderato-Einleitung in e-Moll die traurige Zeit des Alleine-Seins des dicherischen Ich nach, in der Oper die des Frieder (Tenor). Die Erscheinung der Katherlies’ als Sternenkind, ihre Liebesfrage und Frieders Überlegung »Sonst träumte mir von einerholden, süßen Maid« erklingen unter Jungs Leitung als ein positiver Aufschwung, mit einem sehr sauber intonierenden Hornquartett und gut aufeinander abgestimmten Holzbläser. Mit weichem Ton und schmelzreichem Vibrato charakterisiert Feldmann in B-Dur Frieders Auftreten in der Gesellschaft. Das Thema von dessen Tatendurst nimmt er nachvollziehbar selbstbewusst. Klangreich die Groteske des mitternächtlichen Spuks, über welchen dann Frieders Tatenlust siegt. Im Fugato sind auch Nebenfiguren, etwa der Hörner, klar herausgearbeitet. In der Paralleltonart der Grundtonart, in G-Dur, erklingt orchestral die Frage der Katherlies‘: »Frieder, liebster Frieder mein, soll nicht bald Hochzeit sein?« Diesem Thema, das in der Oper auch die Dummheit dieses Mädchens zeichnet, folgt nachvollziehbar ihr Reifeprozess, dann erneut das Thema von Frieders Auftreten in der Gesellschaft. Das im Bayreuther Konzert etwas überstrapazierte Mezzoforte dauert auch an, wenn der Komponist einen Patchwork-Teppich für die Quasi-Cadenza des Soloinstruments ausbreitet. Nachdem in der Reprise erneut das Thema der traurigen Zeit und die Erscheinung des Mädchens mit seiner Liebesfrage angeklungen ist, führt der Streicheraufschwung impulsiv und drängend ins glückliche Ende.
Berechtigt großer Jubel nach dieser Darbietung, mit Bravorufen und Trampeln – auch ich habe den Solopart seit Peter Zazofsky nicht mehr so imponierend vorgetragen gehört.
Peter P. Pachl
(Gekürzt; vollständiger Wortlaut der Rezension online bei der Neuen Musikzeitung.)